Detlef Scheler war mehr als sein halbes Leben lang als Binnenschiffer unterwegs. Bis er vor sieben Jahren mit seiner Frau Kirsten und Tochter Svenja den traditionsreichen Pharisäerhof auf der Halbinsel Nordstrand übernahm – und daraus ein einzigartiges Urlaubsziel für Gäste mit Hunden machte. Ein Protokoll.

„Hier­her zu kom­men, war meine Idee. Ich habe gesagt: Wenn, dann will ich in den hohen Nor­den. 33 Jahre lang war ich Bin­nen­schif­fer. Irgend­wann wollte ich aber nicht mehr 18 bis 20 Stun­den am Tag fahren. Und was macht man mit mein­er Aus­bil­dung? Irgend­wo ’ne Fähre suchen, dazu hat­te ich keine Lust. Im Ham­burg­er Hafen irgen­deinen Schlep­per fahren, hat­te ich auch keine Lust. Dann haben meine Frau, meine Tochter und ich uns gesagt: ‘Gut, wir wer­den uns jet­zt ein Café suchen und faulen­zen den Rest unseres Lebens’ (lacht).

Detlef Scheler, Gastgeber im Pharisäerhof auf Nordstrand

Detlef Schel­er © Simone Deckner

Ich kan­nte den Phar­isäer­hof vorher nicht, das lief über einen Mak­ler. Den Hof gibt es ja schon seit 1843, immer als Fam­i­lien­be­trieb geführt. Mir war das erst viel zu groß. Viel zu groß von der Auf­gaben­stel­lung her. Dann haben wir aber zwei, drei mal so hin- und her über­legt und dann gesagt: Ok! Unseren ganzen Bin­nen­schiffs­be­trieb zu verkaufen, ging viel schneller als gedacht. So sind wir hier gelandet.

Erst woll­ten wir nur das Café im Phar­isäer­hof weit­er­be­treiben. Wir haben das Konzept unseres Vorgängers über­nom­men. Bloß nix ändern! Das ist eine Insel! Ein Hotel gab es da auf dem Gelände noch nicht, nur das Café und den Hofladen. Unser Vorgänger war Land­wirt. Wo jet­zt das Restau­rant und die Bar sind, das war alles Stall. Vorne, die Kaf­feestube und die Küche, das war deren Wohnraum.

Historisches Gebäude: der Pharisäerhof auf Nordstrand

His­torisches Gebäude: der Phar­isäer­hof auf Nord­strand © Simone Deckner

Irgend­wann hat die gute Haush­er­rin Kuchen geback­en und ihn den Nach­barn geschenkt. Der kam so gut an, dass alle gesagt haben: Da musst du mal was draus machen. Mit einem kleinen Raum haben sie ange­fan­gen, Schild draußen raus und Kuchen verkauft. Und natür­lich den Phar­isäer! Das ging dann rel­a­tiv schnell, dass das mehr wurde. Irgend­wann melde­ten sich die ersten Bus­grup­pen für das Café an.

Goldhenkel und Spitzendeckchen – traditionell geht es zu im Café des Pharisäerhofs in Nordstrand

Gold­henkel und Spitzen­deckchen – tra­di­tionell geht es zu im Café. © Simone Deckner

Wir haben dann später die Öff­nungszeit­en ver­längert. Und Milchreis nach dem Rezept der Uro­ma mein­er Mut­ter neu auf die Karte genom­men. Das hat gut funk­tion­iert. Dann kamen nach und nach die Patri­archen von der Insel mit ihrem Rol­la­tor und sagten: „We hebbt jo erst dacht, da kummt ’nen Schnösel us de großen Stadt aus Ham­borch aber wi hebbt hört, de Phar­isäer is immer noch so fein.“

Die mein­ten dann aber auch, dass hier drin­gend etwas zum Über­nacht­en fehle in der Gegend. Die haben sich Gedanken über ihre Insel gemacht. Ich wusste damals noch nicht, dass der Phar­isäer­hof Stammkun­den hat, die extra aus Lübeck und Ham­burg kom­men. Dass hier der Phar­isäer erfun­den wurde, das stimmt ja – das ist alles his­torisch belegt.

Deko-Schilder im Pharisäerhof in Nordstrand

An manche Dinge muss man halt mal erin­nert wer­den… © Simone Deckner

Eines Tages saßen wir mit unser­er Mar­ket­ing­fach­frau zusam­men, unsere vier Hunde lagen daneben auf dem Boden, als sie uns fragt: ‘Haben sie nicht Lust, ein Hun­de­ho­tel zu machen?‘ Ich sage: ‘Oh no, die Hunde da in irgendwelche Zwinger einsper­ren? Nein, danke!‘ Aber dann haben wir darüber gere­det, dass die Gäste mit ihren Hun­den zu uns kom­men kön­nen und bei­de sich entspan­nen kön­nen. Eine kurze Auszeit für Her­rchen, Frauchen und den Hund – das war die Idee.

Im Juli 2013 haben wir die ersten Gäste im Hotel emp­fan­gen: Das war ein Herr Möbius mit seinem kleinem Hund. Der blieb eine Woche, bis heute ist er schon drei mal hier gewe­sen. Anfangs war die Quote der Gäste mit Hund 30:70. Nach einem Viertel­jahr war die Quote 50:50 und in der 2. Sai­son war es dann schon 70:30. Heute kom­men 90 Prozent der Gäste mit Hund.

Autorin Simone Deckner mit ihrer Hündin Pusha

Autorin Simone Deck­n­er mit ihrer Hündin Pusha © privat

Ich bin der fes­ten Überzeu­gung, dass die Hunde das spüren, dass sie hier nicht gegän­gelt wer­den. Oft­mals, wenn unsere Gäste abreisen, hören wir Fra­gen wie ‘Sagen sie mal, machen sie was ins Wass­er? Unser Hund ist so aus­geglichen, so ruhig. Der sucht gar keinen Stre­it mit anderen Hun­den!’ Ich sage: ‘Warum soll er denn?’

Deko im Pharisäerhof auf Nordstrand

Moin! © Simone Deckner

Meine Kirsten und ich kom­men hier manch­mal mor­gens rein und sehen, wie die Gäste Schlange ste­hen am Früh­stücks­buf­fet. Während Her­rchen und Frauchen sich die Teller voll­bag­gern, pen­nen die unterm Tisch, viele auch ohne Leine. Wenn ein neuer Hund reinkommt, heben sie kurz den Kopf. Dann pen­nen sie weit­er. Das ist ein biss­chen anders hier und genau das wollen wir ja. Ich sage immer zu den Gästen: ‘Der Hund macht Urlaub und Sie dür­fen mit!’

Hundespa im Pharisäerhof Nordstrand

Was für ein Hun­deleben! Hun­despa im Phar­isäer­hof Nord­strand © Simone Deckner

In unserem 6000 Quadrat­meter großen Aus­lauf kön­nen die Hunde toben, wie sie wollen. Im Hunde-Spa in ein­er Holzhütte gibt es eine Bade­wanne, Dusche, Fuß­bo­den­heizung, Fön und Rotlicht, wo die Hunde nach dem Toben wieder sauber gemacht wer­den kön­nen. Um die Ausstat­tung hat sich meine Tochter Sven­ja geküm­mert, die ist gel­ernte Tierpflegerin.

Frühstück im Pharisäerhof auf Nordstrand

Früh­stück im Phar­isäer­hof © Simone Deckner

Der Grundgedanke bei der Ein­rich­tung unseres Gäste­haus­es war: dänis­ch­er Land­hausstil, schön hell. Das hat alles meine Frau Kirsten aus­ge­sucht. Im Haupthaus war aber klar: Das alte Café bleibt, das ist das urtyp­is­che Oma-Café. Für die Lounge wollte ich dann gern altenglis­chen Stil haben. Den Tre­sen hat unser Tis­chler gebaut. Dann hat er ein­fach drauf los gebaut, da habe ich nicht einen Ton zu gesagt. Hier kann man bis 22 Uhr sitzen, meis­tens dauert es aber bis 23 Uhr, bis alle gehen.

Zimmer im Pharisäerhof

Zim­mer im Phar­isäer­hof © Simone Deckner

Meine Mädels sind dann schon im Tief­schlaf, nur ich ste­he dann noch hier. Dafür komme ich dann mor­gens mal eine Stunde später runter. Wir haben einen Rot- und einen Weißwein vom Fass, de löpt wie Düwel! Bier natür­lich nur hier aus der Region. Feine Brände von der Ost­see. Viele holen sich dann zum Getränk ihre Pfeife raus. Die genießen und unter­hal­ten sich, das macht so einen Spaß, wenn du das siehst.

Gästehaus Pharisäerhof Nordstrand

Gäste­haus © Simone Deckner

Was sich auch her­aus­gestellt hat: 90 Prozent aller Hun­debe­sitzer, die hier­herkom­men, haben gerettete Hunde aus dem Tier­schutz: Tier­heim, Straßen­hunde aus Ital­ien, Spanien, … Die kom­men hier­her und sagen: ‘Ich habe einen Prob­lemhund, der ist ganz empfind­lich und ängstlich. Der kommt aus der Tötungssta­tion.’ Zu solchen Leuten haben wir sofort einen Zugang. Wir hat­ten mal einen Gast aus der Türkei, der auch einen geretteten Hund dabei hat­te. Der sagte uns: ‘Ihr Haus hat eine Aura. Ich kann das nicht in Worte fassen. Mein Hund ist hier ganz anders als zuhause. Ich bin tief beein­druckt.’ Da habe ich dann auch Pip­pi in die Augen gekriegt.“

Pro­tokol­liert von Simone Deck­n­er

(Inter­essiert an weit­eren Tipps zum Urlaub mit Hund? Dann bitte hier ent­lang. Und warum man unbe­d­ingt mal nach Nord­strand muss, oder auch nicht, ste­ht hier.)

Im Café des Pharisäerhofs auf Nordstrand Hundehotel

Im Café des Phar­isäer­hofs © Simone Deckner

Frühstücksraum im Pharisäerhof auf Nordstrand

Früh­stück­sraum im Phar­isäer­hof auf Nord­strand © Simone Deckner

Unser Eindruck in 3 Sätzen: Ein Hotel wie kein anderes: Hunde sind hier herzlich willkommen und dürfen überall hinein schnuppern. Auch die Menschen werden herzlich umsorgt: mit klassischem Pharisäer, hausgemachten Kuchen sowie leckeren Fisch- und Fleischgerichten – Runterkommen war selten so leicht.

 

Unser Ein­druck in Zahlen
7.5Empfehlenswert!
Nähe zum Meer4
Gut für Hunde10
Zweisamkeit8
Entspan­nt für Sin­gles7
Stil­sich­er6
Run­terkomm­fak­tor10
Schön in jed­er Sai­son7
Früh­stück9
Gau­menglück am Abend9
Gartenglück7
Well­ness6