Warum macht das Meer glücklich? „So groß und einfach die Welt am Strand, nur Wind und Wolken, nur Meer und Sand,“ dichtete der Germanist Dr. Carl Peter Fröhling und hat damit in Versform gebracht, worüber andere lange grübeln müssen. Tatsächlich ist es diese Klarheit und Überschaubarkeit, die gerade in Zeiten, in denen die Welt immer komplizierter zu werden scheint, schlicht gut tut. Am besten funktioniert das im Winter: Denn dann wird das Leben am Strand sogar noch etwas einfacher.

 

1. Konzentration aufs Wesentliche

Alles konzen­tri­ert sich jet­zt ganz auf die Far­ben, für die wir die Küste lieben. Weiß. Blau. Sand. Mit etwas Glück sieht man Schnee am Strand, watet durch die weiße Pracht auf gefroren­em Sand und hat Mühe, die Möwen auszu­machen, die optisch mit dem Schnee ver­schmelzen. Vielle­icht erlebt man sog­ar, wie die Ost­see an ihren Rän­dern gefriert und die Kom­bi­na­tion Eis und Strand, im Som­mer ein lauter Dauer­bren­ner, hier in ein­er ganz anderen Inter­pre­ta­tion Gestalt annimmt: Eis­brock­en tür­men sich am Strand, um in der Sonne zu glitzern und zu funkeln wie ein Riesenkol­lier von Swarows­ki. Ein Anblick, der den Atem raubt.

Gründe für Winter an der Küste

Blau — weiß — blau, hier am Strand von Rügen © TZR

2. Gesundheit!

Ein Strandspazier­gang in der kalten Jahreszeit ist nicht nur ein sinnlich­es Vergnü­gen, son­dern vor allem sehr gesund. Denn da, wo Sonne, Wind und Wellen zusam­men­tr­e­f­fen, entste­hen soge­nan­nte Bran­dungsaerosole. Die mit Salzen angere­icherte Luft befre­it die Bronchien, Aus­dauer und Leis­tungs­fähigkeit steigen, und die Abwehrkräfte wer­den fit für den Win­ter. Ein ide­ales Train­ingslager also für die kom­menden kli­ma­tis­chen Herausforderungen.

3. Sonne!

Was eben­falls gut tut: die Sonne! Denn wo trifft man sie in der dun­klen Jahreszeit am ehesten? Natür­lich, an den son­nen­re­ich­sten Orten des Lan­des. Und die liegen nun mal zum großen Teil an der Küste. Über­haupt das Wet­ter: Wolken ver­hangen präsen­tiert sich der Him­mel beim Früh­stück? Der Tag ist keineswegs ver­loren. So schnell ändert sich das Wet­ter hier, als müsste es bei einem Cast­ing in kürzester Zeit zeigen, was es alles drauf hat – wobei es die Son­nen­seite immer noch am lieb­sten präsentiert.

Gute Gründe für Winter an der Küste

We love Win­ter an der Küste! © TZR

4. Jetzt einen Bernstein finden

Ist es doch ein­mal so ungemütlich draußen, dass nie­mand vor die Tür will, wartet man den Sturm ein­fach ab, um gle­ich darauf an den Strand zu gehen: Denn dann ste­hen die Chan­cen gut, einen Bern­stein zu find­en. Ein kräftiger Sturm wirbelt den Meeres­bo­den ordentlich auf und legt ein­ge­lagerte Bern­steine frei. Und gibt es ein schöneres Sou­venir, als ein selb­st­ge­fun­den­er Bern­stein, der auss­chaut, als wäre ein winziger Son­nen­strahl in Harz gefangen?

Tipp: Mancherorts gibt es geführte Bern­stein­wan­derun­gen, zum Beispiel in Binz, Ter­mine im Haus des Gastes erfragen.

5. Gute Preise

Auch so ein Vorteil von Herb­st und Win­ter: Selb­st Luxu­sho­tels sind jet­zt erschwinglich. Wie schön die Küste in der Neben­sai­son ist, hat sich zum Glück noch nicht sehr herumge­sprochen. Und so fall­en mit den Blät­tern regelmäßig auch die Preise. Beson­dere Pakete, viele mit ein­er gehöri­gen Por­tion Well­ness, wer­den von Hote­liers geschnürt und sollen Gäste anlocken.

Auch im Beach­mo­tel Heili­gen­hafen sind die Zim­mer und Apart­ments im Win­ter deut­lich gün­stiger © Beachmotel

6. Wellness testen

Wer ohne­hin vorhat­te, sich im Urlaub ver­wöh­nen zu lassen, bucht am besten eins dieser Well­ness-Pakete. Denn so muss er sich nicht erst durch Lis­ten von Behand­lungsange­boten arbeit­en und kann sich direkt der Entspan­nung wid­men. Außer­dem wer­den ihm dabei Erfahrun­gen zu Teil, die er frei­willig ver­mut­lich nicht gesucht hätte. Was eine Schlick- und Algen­pack­ung mit der Haut anstellt? Wie es sich anfühlt, in ein­er Seifen­wolke zu ver­schwinden und von kundi­gen Hamam-Masseuren darin ordentlich durchgeknetet zu wer­den? Und was ist eigentlich eine Klangschalen­mas­sage? Ein­fach mal aus­pro­bieren. Sich hingeben und: genießen!

7. Den Horizont erweitern

Über­haupt ste­hen alle Zeichen auf Genuss. Als hätte der Som­mer mit seinem Lärm und den Massen einen unbändi­gen Durst gemacht auf Ruhe und Muße, auf erlesene Lit­er­atur, schöne Musik und erbauende Ausstel­lun­gen. Über­all an der Küste wer­den in den küh­leren Monat­en Fes­ti­vals und Ver­anstal­tun­gen organ­isiert. In hochkarätig beset­zten Work­shops kann man zudem ler­nen, selb­st Romane zu schreiben, gute Fotos zu machen, ein Instru­ment zu spie­len. Neue Per­spek­tiv­en formieren sich am geweit­eten Horizont!

Workshopimpressionen Zingst Monika Lawrenz

Work­shopim­pres­sio­nen aus Zingst, dem Mek­ka für Fotografen und alle, die es wer­den wollen © Moni­ka Lawrenz

Zur Über­sicht aktueller Fotowork­shops in Zingst

Was dagegen spricht:

1. Es ist kalt!

Ja, das stimmt. Und vor allem am Strand kriecht der eisige Wind gern in Nack­en und Hosen­beine. Aber wozu gibt es Funk­tion­sklei­dung, gibt es Mützen und Schals? Und nicht zu vergessen: Gum­mistiefel! Jen­seits des Som­mers sind Gum­mistiefel die heim­lichen Könige des Stran­des. Sie machen Unmöglich­es möglich: Ins Wass­er gehen, ohne nass zu wer­den – was für ein Priv­i­leg! Nichts kann einen jet­zt stop­pen: Ein­fach ins Meer laufen und zuse­hen, wie die Wellen die Beine umspie­len. Als ob Som­mer wäre. Nun gut, man spürt das Wass­er nicht auf der Haut. Aber wer will das schon, jet­zt, im Win­ter. Es wäre viel zu kalt.

Gummistiefel Strand Rügen

Nicht ohne meine Gum­mistiefel! © jes/zweiküsten

Und mit jedem Schritt nach vorn geht es auch ein biss­chen zurück: An sor­glose Kindertage muss man plöt­zlich denken, wo jede Pfütze Quell großer Freude war und der Knirps über­haupt nicht daran dachte, dem Wass­er auszuwe­ichen. Unweiger­lich macht man einen kleinen Sprung, lan­det mit den Füßen platschend im Wass­er und mit dem Kopf selig in der Kindheit.

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2. Manche Restaurants sind geschlossen

Tat­säch­lich hat so manch­es Restau­rant im Win­ter geschlossen. Aber wer als Gas­tronom nur auf die Haupt­sai­son set­zt, kann es so ernst nicht meinen. Gut, dass man in diese Tou­ri­fall­en gar nicht erst tap­pen muss. Die anderen Gas­tronomen der Küste tun in diesen Tagen hinge­gen einiges, um ihre Klien­tel zu begeis­tern. Sie stellen beson­dere Menüs zusam­men oder lassen sich über die Schul­ter schauen. Manch­er Fis­ch­er nimmt in der Neben­sai­son sog­ar Gäste in der Früh mit aufs Boot. Wer das ein­mal mit gemacht hat, sieht den Fisch vom Kut­ter mit ganz anderen Augen.

3. Man kann nicht viel machen

Stimmt schon. Man kann nicht mit dem Kajak am Strand lang­pad­deln. Und wenn der Sand gefroren ist, kann man noch nicht mal eine Burg bauen. Aber – damit reduzieren sich auch wieder die Entschei­dun­gen, die wir fällen müssen. Alles wird ein­fach­er. Fragt sich der Som­merurlauber mitunter, wie das gute Wet­ter opti­mal zu nutzen ist, und was er tun soll, wenn es am Strand zu heiß ist oder wenn es reg­net und stürmt, ist die Sache im Herb­st und Win­ter – da die Tage kürz­er wer­den – klar: An den Strand geht es, wenn es hell ist. Und das bei jedem Wetter.

Blick von Rügen nach Hiddensee im eisigen Winter

Blick von Rügen nach Hid­densee im eisi­gen Win­ter © TZR

 

Auch schön am Win­ter: Man hat viel Zeit zum Lesen. Am besten greift man zu einem Roman, der genau dort spielt, wo man ger­ade ist. Hier geht’s zur Über­sicht der Küstenkrim­is und ‑Romane

Bis Mitte Dezem­ber kann man an der Küste Sand­dorn­beeren pflück­en. Und was macht man damit? Natür­lich das hier!

Mehr über die Power­beere Sand­dorn ste­ht hier.