Im Schönheitswettbewerb der Strände macht der Weststrand auf dem Darß regelmäßig das Rennen. Arte kürte ihn sogar zu einem der zehn schönsten Strände der Welt. Warum eigentlich? Was macht den Strand zur Schönheit? Die Entdeckung eines Beauty-Geheimnisses.
Er kann einfach alles tragen. Den umgekippten Baum, der seine Wurzeln krakengleich gen Himmel streckt. Den wirren Busch, der sich ans Ufer krallt, als wüsste er nicht, wohin mit sich. Die Kiefer, die den Kopf fast in den Sand steckt, so sehr duckt sie sich vor dem Wind. Nein, diesen Strand entstellt wirklich nichts. Im Gegenteil, vermeintliche Makel machen ihn nur interessanter wie der Schönheitsfleck das Gesicht eines Menschen.
Der Weststrand ist eine natürliche Schönheit, wie sie natürlicher kaum sein kann – und hält sich konsequent alles vom Leib, was künstlich ist. Am Westrand gibt es keinen Kiosk, keine Surfschule, kein Hotel. Nur Sträucher und Bäume. Manch Strandbesucher baut sich aus den Ästen einen Windfang oder einen Wäscheständer. Ein anderer spannt sich eine Hängematte zwischen zwei Windflüchter. Auch Autos hält der Strand auf Abstand. Wer hierher will, muss Fahrrad fahren – oder eben laufen.
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In Ahrenshoop ging es los, am Strand entlang den Darß hinauf, weiter, immer weiter. Je nördlicher wir kamen, desto wilder gab sich der Strand. Stämme, Zweige, Steine und Meergrasbüschel bildeten spannende Kompositionen, die im Gesamtbild fast zu harmonisch wirken, um zufällig zusammengeweht worden zu sein. Wir haben den Westwind in Verdacht, heimlich Stylist zu spielen und emsig hier und da herumzuzupfen, bis alles perfekt sitzt.
Ewig könnten wir wandern und staunen. Und zum Glück ist der Strand lang genug, dass man seine Schönheit ganz auskosten, das wilde Element auf einen überspringen kann. 14 Kilometer misst der Weststrand von Ahrenshoop bis zum Darßer Ort, den Nordzipfel der Halbinsel, die – natürlich – von einem Leuchtturm gekrönt wird. Seit 1849 ist er in Betrieb, rechterhand lugt er aus den Dünen hervor.
Das Meer atmet mit
Doch wir wollen nicht weiter. Wir wollen Yoga. Yoga ist am Strand natürlich immer eine gute Idee, besonders aber hier. Denn was immer der Yogi sucht, dieser Strand hat es schon gefunden. Ganz im Gleichgewicht scheint die Natur. Und wenn die Wellen auf den Sand rollen, zeigen sie dabei eine Kraft, von der viele Körper nur träumen können. Nun gut, der ein oder andere Baum hat seine Balance verloren und sich in den Sand gleiten lassen. Aber auch das gehört zum Yoga: das Fallen gelassener zu nehmen.
Yoga am Strand braucht nicht viel. Der platt getretene Sand ersetzt die Yogamatte. Das Meeresrauschen die Meditationsmusik. Und wer braucht aromatische Räucherstäbchen, wenn er den Duft der See in der Nase hat? Es gibt keinen besseren Yogaraum als den Strand, finden wir. Erwartungsvoll heftet sich unser Blick an den Horizont.
Dann geht es los. Die Yoga-Übungen (Asanas genannt), sonst zu Hause auf der Matte geübt, werden nach und nach abgerufen – und hier ganz besonders tief erfahren. Das Meer, so scheint es, atmet mit: einatmen, ausatmen, Welle geht, Welle kommt… Wir können uns daran halten wie an den Yogalehrer im Studio, der mit Nachdruck in sein Mikrofon atmet, damit es auch in der letzten Reihe gehört wird.
Nach der letzten Abfolge gehen wir in die Entspannungshaltung und kommen mit dem Blick auf das Meer völlig zur Ruhe. Wir spüren uns: auf dem Strand, am Meer, in unserem Körper. Irgendwann ist es Zeit, uns zu erheben und den Rückweg antreten.
Es dem Windflüchter gleich tun
Auf dem Weg bleibt der Blick in den Ästen eines Windflüchters hängen, jenen von Wind und Wetter verformten Baumgebilden, die so typisch sind für die sturmumtoste Küste. Sein Stamm neigt sich in gefährlicher Schräglage zum Boden, doch er kippt nicht um. Er hat seine Balance im Unmöglichen gefunden – welche perfekte Yoga-Pose. Unweigerlich fragen wir uns, warum es noch keine Asana namens Windflüchter gibt – und probieren die gleich mal aus.
jes.
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