Havaianas kennt man als farbenfrohen Flip Flop aus Sommertagen. Weniger bekannt sind die Rain Boots des brasilianischen Herstellers. Aber mal ehrlich: Gummistiefel! Können die das, die Brasilianer?
Die Brasilianer erfanden bekanntlich so einiges, was das Leben am Strand angenehmer macht. Den Caipirinha zum Beispiel. Den Tanga-Bikini. Oder die Havaianas, quasi die Schuhversion von letzterem: Keine Sandale zeigt mehr Fuß als der Flip Flop aus Brasilien.
Erfunden wurde er im Jahr 1962 von dem Espadrilles-Hersteller Alpargatas in São Paulo und inspiriert von der Zori-Sandale aus Japan, weshalb die Decksohle bis heute ein Prägemuster aus Reiskörnern ziert. Beim Namen schaute man indes auf eine Inselkette im Pazifik: „Havaianas“. Weil das so schön exotisch klingt. Und weil die Schlappe ja irgendwie entfernt an ein Surfbrett erinnert.
Elementar wie Mais und Bohnen
Die Latschen aus Kautschuk trafen den Nerv der Brasilianer und waren bald die inoffiziellen Nationalschuhe Brasiliens. In den 1980ern erklärte die Regierung die Zehensandalen sogar zu elementaren Gebrauchsgegenständen – wie die Grundnahrungsmittel Mais und Bohnen. Stiegen die Preise, befürchtete man sogleich eine Inflation. Zu dieser Zeit liefen die Havaianas, die lange als Schlappe für Arme galten, schon durch sämtliche Schichten.
In den 90ern tat sich auch beim Design etwas. So wurde zur Fußball-WM 1998 die „Havaianas Brazil“ auf den Markt gebracht: Der Flipflop mit der kleinen brasilianischen Flagge auf dem Riemen und der dreifarbigen Sohle fand reißenden Absatz, und zwar weltweit. Ab dann kamen immer mehr Farben und Muster ins Spiel. Die Riemen wurden mal breiter, mal schmaler, die Designs raffinierter. 2006 entwarf man mit der „Slim“ die leichtere Variante für Damen und verzierte die dünnere Sohle unter den zarten Riemen mit filigranen, oft floralen Motiven.
So schön sind die zuweilen, dass man kaum genug davon haben kann. Aus einem Urlaub in Brasilien kommt man daher am besten mit einem Koffer voller Havaianas wieder, die dort immer noch etwas günstiger sind als in Europa. Schade nur, dass man in Deutschland nicht so viel Gelegenheit bekommt, die auch zu tragen. Der Sommer ist verdammt kurz.
Dass es außerhalb Brasiliens Strände gibt, an denen man nicht immer die Zehen zeigen kann, hat irgendwann auch die Hersteller umgetrieben: 2010 brachte Alpargatas den Havaianas-Gummistiefel auf den Markt, so farbenfroh wie die Flip Flops, an deren Riemen die Oberkante der Stiefel erinnert. Und natürlich mit der obligatorischen Kautschuksohle, um deren genaue stoffliche Zusammensetzung übrigens genauso ein Geheimnis gemacht wird wie um das Rezept von Nutella oder Coca-Cola.
Aber Gummistiefel – können die das, die Brasilianer? Während der Flip Flop in seiner reduzierten Art wie ein „Bikini für die Füße“ daherkommt, ist der schwere Stiefel eher die „Burka für die Füße“. Ein hoher Absatz, der zumindest für den Rest der Figur noch etwas tun könnte, verbietet sich aus praktischen Gründen. Brasilianisch, könnte man meinen, geht anders.
Doch dann kommt der große Regen. Draußen vertieft sich die Welt in dunkles Grau – und man schlupft einfach rein in den farbenfrohen Stiefel. Nimmt beherzt jede Pfütze auf dem Asphalt als wäre es eine am Strand. Denkt sich, dass das Wetter doch gar nicht so schlecht sein kann, wenn man Havaianas an den Füßen hat. Und unverhofft schleicht sich etwas brasilianisches Lebensgefühl in eine ungemütliche Jahreszeit…
Und natürlich kommt der Gummistiefel auch ins Reisegepäck für unseren Trip an die Küste, wenn das Wetter nicht nach Flip Flops verlangt.
jes.