Der Klassiker bewährt sich in diesen Tagen als wahrer Krisenhelfer: Bügelperlen beschäftigen die Kinder nicht nur stundenlang beim Basteln, sondern weit darüber hinaus. Und manches Elternteil macht begeistert mit.
Mit Schwung hat das Kind die vielen tausend Perlen auf das Tablett gekippt und mit den Händen fröhlich über die gesamte Fläche verteilt. Ein Bällebad für Kinderhände, eine Metapher für mich Mutter. Denn die unzähligen Perlen liegen so träge und planlos vor mir wie die vielen kitafreien Tage in diesen Corona regierten Zeiten. Und wie jene wollen auch sie nur das eine: dass man was mit ihnen anstellt. Dabei sorgt ihre große Anzahl zunächst für leichten Schwindel.
Für jeden, der bis zehn zählen kann
Bügelperlen gab es sogar in der DDR. Ich erinnere mich, wie wir die Deckel von Cremedosen mit Plasteperlen in tristen Farben (grün, braun, lila) auslegten und Mutti mit dem Bügeleisen daraus Untersetzer presste, die sie später auf dem Campingplatz unter Saftgläser schob.
Heute kommen Bügelperlen sehr viel komfortabler mit Schablonen und Steckplatten daher – und sehr viel bunter: Es gibt sie in sämtlichen Farben; sogar in Neon, mit Glitzer oder durchscheinend. Das Internet ist voll von Vorlagen, die jeder schafft, der bis zehn zählen kann. Und statt Plaste sagt man auch im Osten jetzt Plastik, naserümpfend mittlerweile, denn Plastik gilt es bekanntlich zu vermeiden.
Dass sie in Form winziger Zylinder zu Tausenden in unseren Haushalt einziehen darf, hat mit Corona zu tun. Wir müssen uns schließlich beschäftigen. Mit Bügelperlen kann man bekanntlich Stunden füllen. Und, so die Hoffnung, Sehnsüchte stillen: Mir steht der Sinn nach Meer und Möwen, nach Leuchttürmen und Strandkörben. Ich bügelperle mich an den Strand, wo wir jetzt doch viel lieber wären als isoliert zu Hause.
Die erste Möwe ist schnell gesteckt und begeistert schon auf dem Bügelbrett. Doch dann ruft das Töchterchen nach einem Pferd. Das ist nur logisch, hätte uns der geplante Trip doch nach Fehmarn auf einen Ponyhof geführt. Zum Glück kam unser Starterset mit einer Einhorn-Schablone. Das Horn lassen wir aus, fertig ist das Pferd. Auch die Prinzessinnenschablone macht sich nützlich: Reiterhose statt Reifrock, eine Reihe zwischen den Beinen bleibt frei. Kaum ist die erste Reiterin gebügelt, steckt das Kind sie auf das Pferd und ich staune über den unerhofften Effekt und unser Ross-und-Reiter-Set in 3D.
Als der Reiterhof fertig ist, werden Ballerinas gebügelt, Motorräder und Modeaccessoires kommen dazu, und vieles mehr. Die Bügelperlen retten unsere Tage. Die Stunden fliegen dahin. Auch fühlen wir uns bald nicht mehr einsam inmitten von Bibi und Tina, Möwe und Ballerina, Amadeus und Sabrina …
Wer hat’s erfunden?
Erfunden wurden die Bügelperlen übrigens Anfang der Siebziger in Dänemark von einem Mann namens Malte Haaning, dessen Unternehmen Trinkhalme herstellte. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie aus den langen Röhrchen die vielen kleinen wurden. Vermutlich war eine Schere im Spiel und ein wenig Spieltrieb. Doch zunächst wurden die Perlen nur gesteckt und geklebt. Dass man sie mit dem Bügeleisen zu festen Figuren verschmelzen kann, hat Malte erst Ende der Siebziger entdeckt – es war der Durchbruch.
Heute exportiert Maltes Firma, inzwischen „Hama“ getauft, die Perlen in drei verschiedenen Größen in 50 Länder. Vor allem in den letzten Jahren stieg die Nachfrage. In Zeiten des Wandels und der gefühlten Unsicherheit, hieß es zum Revival der Klassiker von Knete & co auf der Spielwarenmesse vor fünf Jahren, besinne man sich nun mal gern auf das Wesentliche. Damals war Corona noch eine Biersorte.
In diesen Tagen aber zeigen die Bügelperlen ihre wahren Qualitäten als Krisenhelfer: Sie halten die Kinder stundenlang ruhig, schenken den Eltern wahlweise etwas Zeit für sich oder, sofern sie sich in die Perlen stürzen, meditative Momente wie beim Mandala-Malen. Mancher entdeckt gar eine neue Leidenschaft. Die Pixel-Optik begeistert schließlich nicht nur Nerds – und was etwa pappasparlor hier auf Instagram mit Bügelperlen treibt, ist schlicht grandios:
Ausstattung
Mit dem Bügelperlenset Einhörner und Prinzessinnen kann man einen ganzen Reiterhof basteln. Einfach das Horn bei den Pferdchen weglassen und bei den Figuren eine Reiterhose statt den Reifrock legen. Die Perlen sind übrigens halb transparent – wer will, hängt sich die Kreationen ans Fenster und lässt die Sonne durchscheinen:
Man glaubt ja gar nicht, wie schnell 2100 Perlen verarbeitet sind. Da braucht es schnell Nachschub. Eine gute Mischung, mit der man eine Weile über die Runden kommt, ist diese:
Ohne Platten geht es nicht, diese hier kann man auch zu einer großen zusammenstecken, für nahezu grenzenloses Bügelperlen:
Was man sonst noch braucht: Bügeleisen und Bügelbrett, etwas Backpapier (im Set ist aber immer auch schon etwas drin) und eventuell asiatische Essstäbchen, die beim Setzen der Perlen helfen, wenn es eng wird.
Hinweis: Dieser Beitrag enthält Afiliate-Links auf Produkte bei Amazon. Wer über diese bestellt, unterstützt Zweiküsten mit ein paar Cents – am Kaufpreis ändert sich aber nichts.
Folgt uns auch auf Pinterest
Auf unserer Pinnwand „Krise statt Küste“ sammeln wir Tipps und Rezepte, die das Meer und die Küste in die eigenen vier Wände bringen und das Zuhause-Bleiben erleichtern: